11:00
Ich sitze im Flugzeug nach San José, als die Stewardess die Zollzettel verteilt. Name, Nationalität, Ausweisnummer – alles easy. Und dann kommt: „Adresse“.
Adresse? Wie Adresse? Ich war mir ziemlich sicher, dass die Sprachschule gar keine richtige Adresse hat. So stand’s jedenfalls auf der Website. Yikes. Sofort werden Erinnerungen wach: Vor zehn Jahren wurde ich in den USA mal für 2 Stunden am Zoll festgehalten, weil ich keine Adresse angeben konnte. Man sollte meinen, dass ich aus meinen Fehlern lerne …
Ich dachte halt, Costa Rica ist da vielleicht etwas entspannter organisiert. Aber auf dem Formular gibt’s noch eine zweite Frage, bei der ich auch null Ahnung habe, was ich da eintragen soll. Das kann ja heiter werden.
13:40
Der Flug war kurz – und dank meines spontanen Platzwechsels zum Notausgang auch erstaunlich bequem. Jetzt schnell raus und ab zum Zoll. Wenn’s Probleme gibt, will ich möglichst früh damit anfangen.
Der Beamte stellt exakt zwei Fragen: In welche Stadt ich will und wie lange ich bleibe. Den Zettel schaut er nicht mal an. Das war ja einfacher als gedacht.
15:00
Zeitumstellung ins Pura-Vida-Tempo: Mein Flug hatte 45 Minuten Verspätung, aber ich darf trotzdem über eine Stunde auf meinen Fahrer warten. Willkommen in Costa Rica! Zum Glück hab ich’s gerade nicht eilig.
Die Fahrt dauert fast anderthalb Stunden, aber es kommt mir gar nicht so lang vor – draußen ist einfach zu viel los. Die Straßen sind … sagen wir mal: speziell. Aber zwischen all dem Chaos stehen die schönsten Bäume und Pflanzen, die ich je gesehen habe. Ich will sofort die Kamera zücken, aber ich sag mir, dass ich dafür noch genug Zeit haben werde.
Und dann – kaum ein paar Minuten später – kommt das erste echte Highlight: „Krokodile! Krokodile! Da sind Krokodile!“
Ich brülle den Fahrer an, als ich drei ziemlich große Exemplare sehe, die aus einem Fluss auf eine Sandbank kriechen. Der Fahrer bleibt völlig unbeeindruckt und dreht nicht mal den Kopf. Der sieht wohl öfter Krokodile in freier Wildbahn …
16:30
In Jacó angekommen freue ich mich auf die Einweisung in der Schule – ein bisschen Orga, ein paar Gesichter kennenlernen, langsam ankommen. Aber Pustekuchen: Mein Fahrer erklärt mir, dass samstags niemand an der Schule arbeitet. Check-in ist erst morgen. Wir fahren direkt zu meiner Gastfamilie.
Klar, logisch. Aber ich hatte gehofft, vorher wenigstens mit irgendwem ein paar Worte Englisch wechseln zu können, bevor ich ins kalte Wasser geworfen werde.
16:32
Wir halten vor einem kleinen Haus, schleppen meine Taschen eine schmale Außentreppe hoch – und schon stehe ich mitten in Wohnzimmer/Küche. Drei Jungs sitzen auf der Couch und spielen Wii auf einem winzigen Fernseher. Eine Frau steht in der Küche und reicht dem Fahrer ein Glas Wasser. Die beiden unterhalten sich. Die Jungs lassen sich vom Spielen nicht stören. Niemand beachtet mich.
Ich stehe einfach nur da. Ist das meine Gastmutter? Oder eine Nachbarin? Sind das ihre Kinder? Oder betreut sie die nur? Wahrscheinlich dauert es in echt nur eine Minute, aber für mich fühlt es sich an wie eine Ewigkeit, in der sich niemand auch nur ansatzweise für mich interessiert.
16:33
Endlich verabschiedet sich der Fahrer, und die Frau dreht sich zu mir um. Sie heißt Inés – meine neue Gastmama. Einer der Jungs ist nur zu Besuch, die anderen beiden – Gabriel (6) und Antonio (fast 3) – gehören zu ihr. Und Aymee, ihre Tochter, ist schon 17.
Inés zeigt mir mein Zimmer für die nächsten acht Wochen. Und ich bin positiv überrascht: etwa 12 m², wirkt aber größer, weil außer Bett und Nachttisch nichts drinsteht.
17:00
Ich hab gerade meine Sachen im Schrank verstaut, da stürmen die Jungs auch schon in mein Zimmer. Ich verstehe kein Wort, aber wir fangen sofort an zu toben. Zum Glück sind sie recht leicht – ich kann sie problemlos durch die Wohnung werfen.
Das bisschen Spanisch, das ich in München gelernt habe, ist über Weihnachten leider fast komplett wieder verschwunden. Aber das erste neue Wort sitzt: „¡Otra vez, otra vez, otra vez!“ – „Nochmal, nochmal, nochmal!“
Es ist vielleicht etwas früh für ein Fazit – aber ich glaube, die Zeit mit der Familie hier wird ziemlich großartig.
Offizielle Adresse der Schule: 300 metros este de la Heladería Pops (300 Meter östlich der Eisdiele Pops) 50 metros norte (50 Meter nördlich) Jacó, Puntarenas, Costa Rica
Als ob das einem Zollbeamten geholfen hätte.